Die Aussaat von Freilandorchideen

- Teil 6 - Nährbodenrezept aus einzelnen Chemikalien -



Die nachfolgenden Rezepte sind nur etwas für Hobbygärtner, wenn sie einige Erfahrungen im Umgang mit Chemikalien haben. Löslichkeit, pH-Wert, Säure, Base sind Fachbegriffe, die verstanden sein müssen. Die Beschaffung von Chemikalien ist heute dank sehr restriktiver Maßnahmen der Aufsichtsbehörden nicht gerade einfach. Ich habe mir die meisten Stoffe von Omikron ..

..schicken lassen, aber dazu musste ich auch die Kopie meines Diploms einreichen und genaue Angaben über die Verwendung machen. Einige Stoffe wie z.B. Kobaltverbindungen oder Kalium- und Calciumnitrat erhalte ich als Privatperson auch nicht mehr. Wer also keine oder wenig Erfahrungen mit Chemikalien hat ist mit den käuflichen Nährböden besser bedient.


Hauptnährstoffe:

KH2PO4 250 mg
Kaliumnitrat 100 mg
Calciumnitrat*4H2O 300 mg
Magnesiumsulfat 100 mg
EDTA-Eisen(III)-Na-Salz 20 mg
Myo-Inosit 100 mg
Glycin 2 mg
L-Glutamin 50 mg
Aminosäure-Lösung 10% 2 ml
Caseinhydrolysat 200 mg
Zucker 20 g
Aktivkohle (falls gewünscht) 2 g
Agar 6 g
dest. Wasser 1.000 ml


weitere Komponenten:

Spurenelement-Lösung 1 ml
B-Vitamin-Lösung 1 ml
Ananassaft neutralisiert 20 ml
Kartoffel-Glucose-Extrakt 15 ml
Kokoswasser 50 ml


Erläuterung zu den einzelnen Komponenten:

Diese Rezeptur ist eine Modifikation des Nährbodens nach van Waes. Ob die winzige Menge Glycin überhaupt eine Wirkung hat darf bezweifelt werden. Ich habe Glycin da und setze es daher auch ein. Ich vermute aber, dass die Aminosäure-Lösung wie auch Caseinhydrolysat ebenfalls Glycin enthalten.

Ananassaft wird durch Pressen oder mit einer Saftzentrifuge hergestellt. Er ist zwar süß, enthält aber viel Säure und muss daher neutralisiert werden. Ich gebe zum Saft tropfenweise 10%ige Kalilauge zu und kontrolliere mit einem pH-Meter, bis der Wert pH 5,7 erreicht ist. Der neutralisierte Saft wird eingefroren.

 

Das Rezept für Kartoffel-Glucose-Extrakt:

Kartoffeln werden geschält und 200 g davon werden in kleine Stücke geschnitten und in 1 Liter dest. Wasser weich gekocht. Die Lösung wird filtriert, wieder auf 1 Liter mit Wasser aufgefüllt und 10 g Glucose zugegeben. Der Extrakt wird eingefroren.

Kokoswasser ist die relativ klare Flüssigkeit in der Kokosnuss. Man schüttelt die Nüsse beim Einkauf, um ein Exemplar mit möglichst viel Wasser zu erhalten. Kokoswasser ist nicht die im Handel auch erhältliche Kokosmilch. Auch Kokoswasser aus grünen Nüssen in Dosen ist ungeeignet.


Herstellung der Spurenelement-Lösung:

Mangansulfat*H2 1.700 mg
Borsäure 700 mg
Zinksulfat*7H2 1.000 mg
Kaliumjodid  40 mg
Natriummolybdat*H2O 13 mg

....werden in ca. 90 ml dest. Wasser gelöst, dazu wird 1 ml der nachstehenden Kupfer- und Kobalt-Lösung gegeben und auf 100 ml aufgefüllt. Diese Lösung reicht dann für 100 Liter Nährboden!


Herstellung der Kupfer-Kobalt-Lösung:

Kupfersulfat*5H2O   130 mg
Kobaltchlorid*6H2 130 mg

....werden in 100 ml dest. Wasser gelöst. Davon wird 1 ml je 100 ml Spurenelement-Lösung verwendet.


Herstellung der B-Vitamin-Lösung:

Nicotinsäure  500 mg
Thiamin  500 mg
Pyridoxin 200 mg
Biotin 5 mg
Folsäure 50 mg
Calcium-Pantothenat  550 mg

....werden in 100 ml dest. Wasser gelöst.


Zur Lösung der B-Vitamine ist folgendes zu berücksichtigen: Nicotinsäure, Biotin und Folsäure sind Säuren, die sich in Wasser schlecht lösen, Folsäure fast gar nicht. Die anderen B-Vitamine sind gut wasserlöslich. Diese Stoffe werden daher einzeln in kleineren Mengen dest. Wasser zunächst mit wenig Kalilauge aus 25 g Kaliumhydroxid in 1 Liter dest. Wasser aufgelöst. Folsäure bildet dabei eine klare gelbe Lösung. Erst wenn alles gelöst ist, werden die einzelnen Lösungen und die wasserlöslichen Vitamine zusammen geschüttet und mit dest. Wasser auf 100 ml aufgefüllt. Es wird eine relativ große Menge an Kalilauge benötigt, der pH-Wert liegt dann bei ca. 5,4. Nach Zugabe des Ca-Pantothenats löst sich zunächst alles auf, dann fallen Flocken aus, der pH-Wert sinkt auf  ca. 4,8 Dann wird 10 proz. Kalilauge zudosiert bis ein pH-Wert von ca. 8,4 erreicht ist, dann löst sich alles wieder klar auf. Von dieser Lösung wird 1 ml pro Liter Nährboden zugegeben. Falls Ananas, Kartoffelextrakt und/oder Kokoswasser eingesetzt werden, kann die Menge auf 0,5 ml pro Liter reduziert werden, weil diese Stoffe selbst B-Vitamine enthalten.

 

Zur Aussaat werden für viele Gattungen und Arten Phytohormone benötigt. Ich habe relativ gute Erfahrungen mit Benzyladenin oder Kinetin gemacht. Da die eingesetzten Mengen mit 0,2 bzw. 0,5 ppm extrem gering sind, müssen hier ebenfalls Stammlösungen hergestellt werden, da man selbst auf einer Analysenwaage so winzige Mengen nicht reproduzierbar abmessen kann.

Beide Stoffe sind Basen, in Wasser fast unlöslich und werden am besten mit Salzsäure gelöst. Ich habe noch konzentrierte Säure vom Bau, die ich tropfenweise einsetze. Die Stoffe sollen auch in Alkohol oder Laugen löslich sein, ich habe es nicht probiert.

10 mg Benzyladenin werden in 50 ml dest. Wasser gelöst, indem man vorsichtig tropfenweise konz. Salzsäure zugibt. Um 0,2 ppm zu erhalten wird pro Liter Nährboden 1 ml zugegeben.

25 mg Kinetin werden in 50 ml dest. Wasser gelöst, indem man vorsichtig tropfenweise konz. Salzsäure zugibt. Um 0,5 ppm zu erhalten wird pro Liter Nährboden 1 ml zugegeben.

Zur Herstellung von Umlegeböden werden diese Phytohormone nicht benötigt.

Zum Aufbewahren werden alle Lösungen eingefroren.

 

Nährbodenrezept aus Stammlösungen:

Falls man Nährböden immer wieder und auch in größerer Menge herstellen möchte, dann sind Stammlösungen eigentlich ideal. Spurenelemente, B-Vitamine, Ananassaft, Kartoffel-Glucose-Extrakt und Kokoswasser sind bereits in flüssiger Form und können so wie oben stehend verwendet werden. Nur die Hauptnährstoffe müssen nun auch in flüssige Form gebracht werden. Dazu benötigt man 4 Lösungen. Das Rezept geht im Beispiel von einer Nährbodenmenge von 35 Litern aus, per Dreisatz lassen sich beliebige Mengen zusammenstellen.

  • Lösung 1:

  • 8,75 g Kaliumdihydrogenphosphat KH2PO4 in dest. Wasser auflösen und auf 140 ml auffüllen. Hier gilt eine Besonderheit: Beim Einfrieren kristallisiert ein Teil des Salzes aus, ggf. muss die Lösung nach dem erneuten Auftauen etwas erwärmt werden, bis alles gelöst ist.


  • Lösung 2:

  • 10,5 g Calciumnitrat in dest. Wasser auflösen und auf 70 ml auffüllen.


  • Lösung 3:

  • 0,7 g EDTA-Eisen(III)Na-Salz in dest. Wasser auflösen und auf 35 ml auffüllen.


  • Lösung 4:

  • 3,5 g Magnesiumsulfat
  • 3,5 g Myo-Inosit
  • 70 ml Aminosäure 10%ig
  • 7,0 g Caseinhydrolysat1
  • 1,75 g Glutamin
  • 70 mg Glycin



Pro 1 Liter werden folgende Mengen mit einer Spritze geeigneter Größe aufgenommen und direkt in den Kochtopf dosiert:

  • 4 ml von Lösung 1

  • 2 ml von Lösung 2

  • 1 ml von Lösung 3

  • 10 ml von Lösung 4



Der nächste Teil beschreibt die Aussaat.

© Text: Dr. Claus Rüdiger Bernert - @ 

 

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