Cypripedium acaule
- 'Stängelloser Frauenschuh' -
Cypripedium acaule, der 'Stängellose Frauenschuh', ist in Nordamerika (Alabama/USA bis zum Polarkreis in Nordkanada) beheimatet.
Er wächst dort in lichten Wäldern, Sümpfen, Heideflächen und Sphagnum-Mooren auf stark sauren Böden mit ph-Werten um 3,5° in Höhenlagen zwischen Meereshöhe und etwa 500m (Quelle: Eccarius).
Die Art wird zwischen 20 und 45cm hoch und weist keinen oder nur einen relativ kurzen Stängel auf. Die beiden im Frühjahr erscheinenden Laubblätter sind grund- und gegenständig. Die Pflanze ist einblütig, der längliche, mittig gefaltete Schuh rosa gefärbt, Sepalen und Petalen grün/gelbgrün bis hin zu braun. Die Blütezeit liegt hier ab Ende Mai bis Anfang Juli, je nach Witterung.Auch von dieser Art gibt es eine Alba-Form mit weißem Schuh, die im Handel allerdings kaum erhältlich ist.
Cyp. acaule galt lange Zeit und gilt auch verbreitet heute noch als schwierig bis hin zu "kaum kultivierbar". Kohls/Kähler schreiben in ihrem Buch 'Orchideen im Garten' von Anfang der 90er Jahre des letzten Jhd., der "...Stängellose Frauenschuh ist eine der am schwierigsten zu kultivierenden Orchideen...", Frosch führt auf seiner Website zu Cyp. acaule auch Anfang 2014 wie schon seit Jahren unverändert aus, "...Die Kultur ist kaum möglich...". Es werden zur Begründung verschiedenen Ursachen angeführt, die alle im gleichen Ergebnis münden: Die Pflanze fault binnen kurzer Zeit weg.
Nun gibt es allerdings einige Kultivateure, die diesen Angaben entgegengesetzt Cyp. acaule durchaus schon einige Jahre recht erfolgreich pflegen und im Gegensatz zu der Zeit gegen Ende des 20. Jhds. ist die Art auch regelmäßig im Angebot einschlägiger Händler, da die damaligen Schwierigkeiten mit der künstlichen Vermehrung überwunden werden konnten. Das "Geheimnis" dieser Kulturerfolge wird in entsprechenden Foren als recht einfach dargestellt: Das Substrat muss nur ausreichend sauer sein, um Fäulnisbakterien keinen Lebensraum zu bieten, d.h. unter 4°.
Es gelingt nur wenigen spezialisierten Pflanzen, in solch einem sauren Substrat zu existieren, weil sie normalerweise dort keine Nährstoffe aufnehmen können und daher verhungern. Insektivoren umgehen dieses Problem z.B. dadurch, dass sie Nahrung aus gefangenen Insekten gewinnen. Andere, hierzu gehört eben auch acaule, sind in der Lage, Nährstoffe trotz des niedrigen ph-Wertes aus dem Boden zu gewinnen und werden im Gegenzug vor Fäulnisbakterien geschützt, haben deshalb aber auch keine oder nur geringe Abwehrkräfte dagegen entwickeln müssen.
Ich selbst habe mich jahrelang bewusst geweigert, diese und andere, als ähnlich gefährdet in der gärtnerischen Kultur beschriebene Arten zu erwerben, weil ich diesen von mir so empfundenen "Wettbewerb" unter den langjährigen Freilandorchideen-Liebhabern, wem gelingt die Kultur eigentlich unkultivierbarer, weil hoch spezialisierter Arten, nicht mitmachen wollte. Allerdings ist einzuräumen, dass nach einigen Jahren und mit zunehmender Erfahrung in der Pflege "durchschnittlicher" Cypripedium und anderer Erdorchideen das Bedürfnis gestiegen ist, es mit der Kultur anspruchsvollerer Arten aufzunehmen.
Die sich daran anschließende Frage war dann, ob und wann ich eine Seite über acaule online stellen soll: Warten, bis ich eigene hinreichend ausprobierte Kulturerfahrungen vorweisen kann oder das Prinzip "try and error" darstellen.
Nun, die Seite ist online, was zeigt, dass ich den zweiten Weg gewählt habe. Der geneigte Leser, der sich ebenfalls irgendwann einmal an dieser Art versuchen will, wird hier also Lesestoff zu dem erhalten, was man richtig oder falsch machen kann.
Meine erste adulte Cyp. acaule (siehe Foto rechts) erwarb ich im zeitigen Frühjahr 2014 vor dem Austrieb. Eine Beipflanzung im Moorbeet im Garten war aus verschiedenen Gründen nicht möglich: Es liegt ganztägig ungeschützt in der prallen Sonne und der ph-Wert ist mit rd. 5° zu hoch. Dessen Absenkung in einem überschaubaren Zeitraum hätte wegen seiner Größe auch zu lange gedauert, darauf konnte und wollte ich nicht warten.Also ein Kübel. Größe des Pflanzeinsatzes etwa 45 x 45 x 45cm, unten mit Wasserreservoir. Standort: Vormittags bis Mittags sonnig/halbschattig, danach schattig, unter einem Glasdach auf der Terrasse gegen Niederschläge geschützt. Der Gedanke hinter diesem überdachten Standort ist, abgesehen davon, dass ich den Kübel und dessen Entwicklung sowie die Blüte dort ständig sehen kann, dass der ph-Wert des Substrats in solch einem kleinen Kübel bei regelmäßiger Beregnung schnell ansteigt; dafür können schon ein paar Tage Dauerregen, wie es hier nicht selten vorkommt, reichen.
Das Substrat bestand in diesem ersten Versuch aus Weißtorf vermischt mit Quarzsand im Verhältnis von etwa 1:2, dieses Gemisch wiederum mit Bims und Lava der Körnung 3-6mm versetzt, um eine zu hohe Verdichtung zu vermeiden. Das Rhizom der acaule wurde zusätzlich auf einen "Hügel" Lava-Bims-Schotter gesetzt, um einen guten Wasserabfluss nach unten sicher zu stellen und mit dem Torf-Sand-Lava-Bimsgemisch umhüllt.
Mir war bewusst, dass hier schon das erste, zumindest potentielle Problem lag: Bims ist nicht zwangsläufig ph-neutral und kann daher Kalk abgeben, wodurch der ph-Wert in unerwünschte Höhen getrieben werden kann. Nun habe ich selbst keine Standortuntersuchungen an Naturvorkommen von acaule gemacht, aber was man so hört und liest ist, dass acaule zumindest teilweise auf kalkhaltigen Untergrund sitzt mit einer mehr oder minder starken Humusauflage z.B. von Fichtennadeln, die die entsprechende Säuerung liefert. Außerdem fand sich auch im Substrat des Züchters ein mit Bims aufgelockertes Gemisch und eine reine Torf-Sand-Pampe war mir einfach zu "schwer" und wenig luftig.
Dieser erste Versuch mißlang. Wie auf dem Bild oben zu erkennen, sah die Pflanze schon beimm Austrieb nicht richtig "gesund" aus. Kurz nach der Fertigung der Aufnahme stellte sie das Wachstum ganz ein, noch eine Woche später wurde klar, dass sie abgefault war.
Der zweite Versuch startet im Herbst 2014. Dieses Mal ließ ich den Bims und auch das Lavagranulat ganz weg und fertigte die anschließend auf etwa 3,5°ph gesäuerte Pflanzmischung aus grobem Sand und Weißtorf im Verhältnis etwa 4 Teile Sand und ein Teil Torf.Den ersten Winter und den Austrieb 2015 überstanden die beiden neuen Rhizome gut, eines der beiden trieb gar die auf den Bildern oben und links ersichtliche Blüte.
Die "Beipflanzung" besteht aus einer ebenfalls sehr sauer zu haltenden Platanthera ciliaris (mindestens genauso spannend!), einigen Pogonia ophioglossoides, einer Calopogon tuberosus alba, einer Dionea muscipula, ein paar Drosera rotundifolia und etwas Sphagnum.
Der ph-Wert, zur Zeit noch wöchentlich kontrolliert, lag im ersten, gescheiterten Versuch bei 4,3 - 4,5° und war damit zu hoch. Bei Anmischung bereits angesäuert auf einen Wert von etwa 3,8 war hier also binnen kurzer Zeit schon ein Anstieg um rd. 0,5 zu verzeichnen.
Im laufenden zweiten Versuch liegt er bei etwa 3,8° - 4,0°, wobei ich darauf achte, dass das zum Nachfüllen in das Wasserreservoir eingefüllte Wasser nicht über 3,7° hat. Als Säuerungsmittel wird Essigessenz genommen.
Das zweite Jahr 2016: Die gute Nachricht: die C. aucale trieb erneut mit einem gesunden, kräftigen Trieb aus. Die schlechte Nachricht: Es gab keine Blüte und der zweite Trieb erschien nicht wieder. Der PH-Wert des Substrats hat sich auf knapp 4° (3,8 - 3,9) eingependelt. Das Gießwasser mit Essigessenz zu säuern, hat sich m.E. bewährt: im Gegensatz z.B. zu Apfelessig ist die Essenz recht stabil, so dass man stets das gleiche Mischverhältnis nehmen kann, ohne jedesmal messen zu müssen und es schimmelt nicht. Die anfangs wöchentlichen PH-Wert-Kontrollen habe ich auf drei bis vier über den Sommer verteilt gestreckt. Da der Kübel keinen Regen abbekommt, ist die Gefahr eines plötzlichen Anstiegs gering. Im Frühjahr wurde ein wenig mit Osmocote gedüngt. Weniger wegen der unterbliebenen Blüte als vielmehr wegen des verschwundenen zweiten Triebs betrachte ich das Ganze jedoch immer noch als Experiment.
Das dritte Jahr 2017: Langsam glaube ich daran, dass es jetzt stabil läuft. Das "zweite" Rhizom ist zwar offenkundig endgültig verschwunden, aber das andere gibt Zuversicht. Die Pflanze blüht dieses Jahr wieder und hat sogar einen zweiten Trieb geschoben, der zwar noch klein ist, aber immerhin ... . Der ph-Wert im Kübel liegt stablil je nach Messpunkt zwischen 3,6 und 3,8, alles sieht gut aus. :-)
To be continued ... .